Danke für die Blumen, aber wir brauchen staatliche IT-Kompetenz
Wir freuen uns sehr über das große Interesse, das schnelltesttest.de hervorgerufen hat. Trotzdem wollen wir nochmal betonen: Wir sind nur eine Gruppe von ehrenamtlichen Menschen.
Wir haben ein Problem gesehen und dafür eine Lösung gebaut. Für uns ist klar: Dass wir überhaupt eine Web-App bauen können, ist schon ein Privileg. Deshalb war es uns wichtig, den Quellcode von schnelltesttest.de für alle zugänglich zu machen und auch die Web-App für alle zu öffnen.
Nur ein Anfang
Trotzdem dürfen solche Tools nicht davon abhängen, ob wir gerade Zeit haben oder nicht. Im Jahr 2022 muss Digitalisierung als ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gedacht werden – erst recht, wenn es um die Bekämpfung einer seit 2 Jahren andauernden, globalen Pandemie geht.
Deshalb finden wir schon ein wenig komisch: schnelltesttest wurde zwar mehrfach von öffentlichen Stellen empfohlen, allerdings hat sich bisher noch keine staatliche Institution bei uns gemeldet, um die Web-App und den damit verbundenen Betreuungsaufwand1 langfristig zu übernehmen.
Das ist schade, denn auf Dauer können wir uns neben Studium, Job und anderen Ehrenämtern nicht darum kümmern. Und nein: Auch uns mit Geld zu bewerfen ist hier keine Lösung – wir finden, dass staatliche Stellen in der Lage sein müssen, solche Web-Apps selbst zu bauen, zu betreiben und zu betreuen.
Projekte wie kleineanfragen.de haben gezeigt, dass es in der digitalen Zivilgesellschaft immer wieder gute Ideen gibt. Diese Ideen verschwinden allerdings, wenn sich keine staatlichen Stellen finden, die diese Projekte übernehmen können.
Mehr Kompetenz in der Verwaltung
Es braucht also einen echten Kompetenzaufbau in der Verwaltung, damit solche Angebote dort direkt selbst entstehen können – oder wenigstens schnell übernommen werden. Und nein: Auch hier ist die finanzielle Ausstattung nur ein Teil des Problems. Dass IT-Expert*innen dort ungerne arbeiten, liegt auch an den ausbremsenden Strukturen.
Im konkreten Kontext der Corona-Pandemie gibt es allerdings sogar externe Dienstleister, die diese Arbeit übernehmen könnten: Im Software-Projekt der Corona-Warn-App gibt es bereits Vorschläge, eine Funktion wie schnelltesttest in die Corona-Warn-App zu integrieren. Hier liegt der Ball jetzt bei SAP, T-Systems und dem Bundesgesundheitsministerium.
Das Dilemma mit den Daten
Ein anderes Problem sind (mal wieder) die Daten und die Zugänglichkeit: Das Paul-Ehrlich-Institut erfüllt mit der Evaluation der Schnelltests eine super wichtige Aufgabe, jedoch müssen die Ergebnisse auch zugänglich sein – ein nicht barrierefreies PDF ist nicht genug.
Maschinenlesbare Offene Daten müssen in solchen Fällen also der Standard sein und nicht die Ausnahme. Nur so können Projekte wie schnelltesttest schneller umgesetzt werden und sparen doppelte Arbeit.
Danke!
Auch wenn wir enttäuscht sind von staatlicher Infrastruktur, die auch in diesem Bereich nicht ausreichend entwickelt ist – wir sind auch sehr glücklich, dass uns so viele Menschen geholfen haben, schnelltesttest erst überhaupt möglich und dann immer besser zu machen.
Wir sind super dankbar, dass uns mittlerweile 5000 Menschen Fotos von ihren Tests gesendet und einige Menschen uns sogar auf GitHub geholfen haben, die Seite zu verbessern. Außerdem wollen wir uns bei unserem Hoster Uberspace für die enorme Menge des verursachten Traffics entschuldigen und sind dankbar, dass sie erneut einem zivilgesellschaftlich-relevanten Projekt ermöglichen zu existieren.
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Allein in den ersten 48h haben wir mehr als 4800 E-Mails bearbeitet ↩︎